Ich freue mich sehr: Mein Roman "Friesenteetage" ist jetzt auch als Hörbuch erhältlich! Eingelesen hat es die Schauspielerin und Sprecherin Janina Klinger, und zwar auf sehr warme, ausdrucksstarke Weise, wie ich finde. Das empfinde ich als großes Privileg - wie wunderbar! Die Hörbuchmanufaktur Berlin macht es möglich. Seit heute ist es zum Download in vielen Shops erhältlich - überall da, wo es Hörbücher gibt.
Vielleicht hast du Lust, mal reinzuhören, zum Beispiel hier bei Thalia.
Wenn ich so zurückschaue auf 2021, dann fällt mir doch viel Schönes ein: Die Lesungen unter freiem Himmel, aber auch zwei herbstliche Highlights in geschlossenen Räumen. In der Stadtbücherei Regensburg las ich zusammen mit Carola Kupfer und Rolf Stemmle aus der Anthologie Schauriges Ostbayern. Meine Geschichte in dem Buch spielt in Niederalteich an der Donau und könnte damit ebenso gut unter dem Thema Flüsse erschienen sein; für das Flüsse-Lesebuch des Lichtung Verlags habe ich jedoch exklusiv eine neue Geschichte geschrieben, in der eine junge Frau am Donaustrand über ihre Zukunft entscheidet. Ich las sie bei der Viechtacher Literaturrevue, organisiert vom Kulturamt in Viechtach und dem Lichtung Verlag - und überhaupt hatte ich das Gefühl, die ganze Stadt war auf den Beinen, um die Lesung zu einem erfolgreichen, professionellen und vor allem vergnüglichen Abend werden zu lassen! Harald Dobler und Bernhard Setzwein lasen an dem Abend ebenfalls; Salina Albert und Tom Riepl mit Band bestritten den musikalischen Teil. Nicht zu vergessen die beiden Verlegerinnen Kristina Pöschl und Eva Bauernfeind, die abwechselnd durch den Abend führten - einfach großartig!
Kurz zuvor war ich von einem Treffen aus Berlin zurückgekommen, bei dem die Vorbereitungen zur nächsten Jahrestagung für Kreatives Schreiben des Segeberger Kreises begonnen wurde. Wenn alles gutgeht, treffen wir uns im März 2022 im Harz. 2021 hatten wir die Tagung ins Netz verlegt, was uns in der Vorbereitung viel abverlangte, aber auch sehr beglückend war: Die meisten von uns empfanden die Schreibgruppenarbeit als ebenso produktiv und innig wie sonst das Schreiben in Präsenz.
Was mich ebenfalls freute: Dass mein Schreibkurs im W1 - Zentrum für junge Kultur stattfinden konnte, und zwar live - in einem großen Saal (genau genommen hatten wir das ganze Haus für uns!) mit wenigen Leuten. Zwischen den Zeilen hieß der Workshop - im Rahmen des Schreibwettbewerbs "Die Farben meines Ichs - Zwischentöne".
So gehe ich nun satt und zufrieden aus diesem Jahr. Für 2022 habe ich auch schon einige Schreibworkshops geplant. Hoffen wir, dass sie stattfinden können ...
Mein Erstling Brot und Bitterschokolade handelt von einer Frau auf der Suche nach Liebe und einem Mann am Beginn einer neuen Existenz. Beide haben Schwieriges hinter sich, das die Annäherung erschwert. Doch im Grunde führen beide ein ganz normales Leben: Meine Figuren sind Menschen wie du und ich, und ich wünsche mir, dass ihre Geschichte die Leser (die in der Mehrzahl Leserinnen sind) berührt und für eine Weile unterhält.
Kann man in der heutigen Zeit noch sowas schreiben? Wo doch die Welt aus den Fugen zu geraten scheint? Dürfen die eigenen Figuren unbehelligt sein von den Trumps und Putins dieser Welt, von Bomben und Terroristen, die Alltagsdinge wie Brauereilastwägen mit mörderischer Absicht in belebte Einkaufsstraßen steuern?
Meine Protagonisten sind natürlich auch von dieser Welt und leben in ihr: Gina hat in Kolumbien gelebt und schenkt einer Bettlerin aus Osteuropa Geld und Essen; Marvin bemüht sich laut eigener Aussage "wieder ein ordentliches Mitglied der Gesellschaft zu werden" - was er eine Weile nicht von sich behaupten konnte. Doch das ist nur der Hintergrund der Liebesgeschichte, es wird nicht zum Hauptthema. So wie die meisten von uns einem Alltag nachgehen, trotz oder gerade wegen der Hiobsbotschaften, die uns tagtäglich erreichen, trotz der kleinen und größeren persönlichen Tragödien, die jede(n) von uns im Lauf des Lebens ereilen. Die Romanhandlung blendet die Welt nicht aus, doch die Weltsicht meiner Figuren ist in dem Ausschnitt ihres Lebens, den ich für die Romanhandlung gewählt habe, vollkommen subjektiv und auf sie selbst bezogen.
Ich schreibe nicht nur, ich lese auch gerne Unterhaltungsromane. Auch sie erzählen ja oft von Krisen (ohne Konflikte keine Handlung), führen die Figuren durch Höhen und Tiefen und durch eine Entwicklung, die sie oft am Ende glücklicher erscheinen lässt als zu Beginn. Das gibt mir Freude und Hoffnung - so, wie ich auch guten Freunden nur das Beste wünsche und mit ihnen mitleide, wenn das Leben es mal nicht gut mit ihnen meint. Ich denke, das ist Ausdruck von Empathiefähigkeit und nicht zuletzt rühren gut erzählte Geschichten auch an eigene Erinnerungen und Lebenswünsche. Ein schön geschriebener Unterhaltungsroman lässt mich für eine Weile abtauchen in eine andere Welt.
Das ist einfach nur gesund und hilfreich - jedenfalls für mich. Anschließend stelle ich mich gerne wieder der Realität, gestärkt von dem Genuss einer guten Geschichte und vielleicht auch nachdenklich darüber, was das Leben so bereithält. Es geht mir gut, wenn ich aus der Lektüre auftauche, und ich bin zuversichtlich, dass sich wandeln kann, was vorher problematisch schien.
Letzte Woche erhielt ich dazu eine berührende Rückmeldung: Nach meiner Lesung in Tegernheim erzählte mir eine ältere Dame von ihrer Kriegskindheit in Regensburg und wie genau sie sich noch an die Kampfflugzeuge erinnere, deren Ziel die Messerschmidt-Werke im Westen waren - und wie schrecklich es war, als dabei auch Bomben auf ihre eigene Wohngegend niedergingen.
Jetzt habe sie genug von schlimmen Geschichten. Ich solle weiterschreiben, damit ich wiederkommen und etwas vorlesen könne.
Am gestrigen Sonntag habe ich an der Lesung im Leeren Beutel teilgenommen. Zuvor war ich in der Galerie, um die Bilder auf mich wirken zu lassen. Einige davon sehr bunt, sehr lebendig, mediterran. Andere erzählen kleine Bildergeschichten ...:
Es ist sechs Uhr morgens.
Herr Tüftel duscht im Regen.
Das ist schön.
Herrn Tüftels Dusche funktioniert nicht mehr.
Nur der Fernseher.
Also nimmt Herr Tüftel die Wolke mit nach Hause und duscht sich dort weiter.
Die Wolke hat verschiedene Programme.
Sie kann:
Sanft duschen
Massageduschen
Trockenduschen
Zimmerregen - das ist gut für die Pflanzen -
Peeling mit Hagelkörnern und noch vieles mehr.
Herr Tüftel duscht vor dem Fernseher und hat Glück:
Die Sicherung fliegt raus.
Der Strom kommt nicht wieder und auch der Regen ist ausgefallen.
Die Vierzig-Grad-Wäsche bleibt heute liegen.
Herr Tüftel nutzt die Regenpause zum Frühstücken.
Als der Regen wieder einsetzt, steigt Herr Tüftel in sein U-Boot und fährt los.
Er fährt durch die Wüste.
Es regnet.
Er fährt durch den Wald.
Es regnet.
Er fährt durch den Fluss.
Es regnet.
Er fährt über Wolken.
Es regnet.
Er fährt durch ein Dorf.
Dort gibt es ein Haus und einen Baum.
Es regnet.
Um neun Uhr erreicht Herr Tüftel die Baustelle.
Im Trockenen.
Ausnahmsweise.
Herr Tüftel schiebt schwarze Lava zu einem weißen Sandkieshaufen.
Zwischendurch setzt er seinen Helm auf und misst den Abstand zwischen beiden.
Gegen Mittag: archäologisch bedeutsame Funde.
Die Baustelle ruht.
Herr Tüftel geht zum Mittagessen.
Das Essen dampft.
Herr Tüftel schrumpft.
Es ist genug zu trinken da.
Am Nachmittag eilt Herr Tüftel zu seinem Nebenjob:
Fahrzeugtester in einer Oase.
Ein Motorroller
Ein Tretroller
Noch ein Tretroller
Ein Golfbuggy
Ein Bobbycar.
Der Rest ist Fata Morgana.
Vor allem die fahrbare Herdplatte mit dem Teekessel drauf.
Der letzte Roller verwandelt sich vor Herrn Tüftels Augen in einen Cadillac.
Herr Tüftel erwacht.
Es ist schon wieder neun Uhr.
Ein schwarzer Lavahaufen versperrt die Straße, die voller Motorroller ist.
Herr Tüftel drückt sich den Helm fest aufs Haupt und rennt - eine dreistöckige Torte balancierend - zwischen den glänzenden Gefährten hin und her.
Es regnet nicht mehr.
Gestern im Literaturbrettl in Regensburg: Ein Abend mit Gangaamaa Purevdorj. Klug und warmherzig erzählt die Kulturwissenschaftlerin von ihrer Heimat am Berg Saikhan. Von Jurten und Pferden, von tapferen Reitern und den Müttern, die als morgens als erstes den Ofen in der Jurte erwecken. Gangaamaa ist eine wunderbare Botschafterin ihrer Heimat. Nicht nur hat sie einen Dokumentarfilm aus der Mongolei mitgebracht: Wo ich geboren bin - Einzig allein die Heimat der wiehernden Pferde. Sie schreibt auch in deutscher (!) Sprache über die Mongolei - und sie singt Volklieder aus ihrer Heimat. Ihre Stimme findet den Weg mitten ins Herz, erzeugt Fernweh und, wie meine Begleiterin sagt, die Sehnsucht nach dem einfachen Leben, die in uns allen schlummert.
Doch "einfach" ist es sicher nicht, dieses Leben der Nomaden - jedenfalls nicht in dem Sinne, dass es nicht anstrengend wäre: Pferde wollen zugeritten, Ziegen und Schafe gemolken und versorgt, die Milch verarbeitet und das Feuer in der Jurte am Brennen gehalten werden. Die Jurte, ein weißes geschnürtes All. Geborgene Behausung der ganzen Familie, Schutz vor strengen Wintern, Stürmen und sengender Sonne.
Einfachheit, das heißt: Tun, was zu tun ist, in gleichmäßigem Rhythmus. Tiere zähmen und respektieren. In Gemeinschaft leben und arbeiten, ein jeder an seinem Platz.
Unter dem weiten Himmel geborgen sein. Lieder mit dreiunddreißig Strophen singen. Sich an vergorener Milch berauschen. Aufeinander angewiesen sein.
Doch da ist auch der Wunsch nach (Aus)bildung für die Kinder, teuer und schwer zu erreichen. Manche gehen tatsächlich weg und studieren. Ziehen weiter. Kehren heim? Ab Juni jedenfalls lädt Gangaamaa zu Kulturreisen in ihre Heimat ein, zu erloschenen Vulkanen, alten Städten, Flüssen und Klöstern. Und vielleicht auch zum Dungsammeln, Melken, Malen und Erzählen.
Geballter Literaturbetrieb, Schau- und Leselust, Verkaufsgespräche. Und für das Publikum: Lesungen, Buchvorstellungen, Interviews. Sehen und Gesehenwerden. Gleich zu Anfang stolpere ich über eine
Autorin, die ein esoterisches Buch über Sex geschrieben hat. Aus dem Publikum die von Schreibenden wahrscheinlich meistgefürchtete Frage: "Wie sind Sie auf die Idee gekommen, dieses Buch zu
schreiben?"
Ebenso originell der Roman, aus dem eine sehr sympathische, hübsche Mittdreißigerin vorliest: Über Mittvierziger in der Krise, die offenbar nur durch drogengestützte Orgasmen zu überwinden ist.
Die monotone, ausdruckslose Stimme der Autorin, laut Ankündigung auch Schauspielerin (!), vermag nicht an den Text zu fesseln. Der gelangweilt dreinblickende Moderator - oder ist es ihr Lektor? -
macht es nicht spannender.
Es ist aber auch ein hartes Brot, auf der Buchmesse zu lesen: Das Getümmel des Messebetriebs, die schier unglaubliche Konkurrenz der anderen und das ständige Kommen und Gehen der Menschen, die
mitunter nur dort sitzen, weil gerade ein Platz zum Ausruhen frei war.
Ich lasse mich treiben, plaudere ein wenig am Stand der IG Autoren, wo sämtliche Editionen Österreichs sich auf kleinster Fläche präsentieren, trudle weiter zum Schweizer Auftritt, lasse mir im
Österreichischen Kaffehaus ein Häferl Kaffee servieren.
Dann komme ich gerade rechtzeitig ins "Café Europa", wo Tim Parks sein neues Buch vorstellt. Ich liebe sein britisches Englisch, das ich gut verstehe, und auch den Dolmetscher und die herzlich
zugewandte Interviewerin. Entweder sind alle drei maximal kompetente Showprofis, oder sie mögen sich wirklich - jedenfalls wirken sie so unglaublich sympathisch, so authentisch und dabei noch
humorvoll, dass ich die Veranstaltung in vollen Zügen genieße. Nicht mal so sehr wegen des Buches, das ich nachher kaufe und signieren lasse. Vielmehr fasziniert mich, wie Tim Parks über sich
erzählt, über sein Schreiben, seine Meditationserfahrungen. Und was geschieht, wenn ein Autor versucht, ohne Worte auszukommen - und zwar nicht nur ohne geschriebenes, sondern auch gedachtes
Wort. Eine schwere Übung, die alles in Frage stellt bis hin zur eigenen Identität, die ja, zumal bei einem Autor, immer auch eine Erzählung ist, eine Konstruktion aus Worten.
Am Ende bin ich doch ein wenig erschöpft und nehme im Messestudio von 3Sat Platz, wo ich Peter Stamm, Ursula von Arx und Adolf Muschg im Interview erlebe. Ich lerne ein bisschen über die Schweiz,
ihr sprachliches Selbstverständnis und den Schmerz, den der jüngste Volksentscheid über die Zuzugsbegrenzung bei vielen ausgelöst hat. Doch wer solche Autoren und Denker(innen) hat, wird auch mit
diesen Realitäten umzugehen wissen - vielleicht ist es ein Weckruf, der uns Rest-Europäern und Europäerinnen noch bevorsteht.
Am vergangenen Samstag besuchte ich gleich noch eine Lesung, und zwar in Maienfeld, einem von Weinbergen umgebenen zauberhaften Städtchen in Graubünden in der Schweiz. Das heißt, von den Weinbergen sah ich spät abends eigentlich nichts - nur den Wein :-) Und weitere Bündner Spezialitäten, die im so genannten Klostertorkel aufgetischt waren: Dem Raum, in dem ehemals der Wein der Klosterwirtschaft gekeltert wurde (Torkel = Weinpresse). Nun beherbergt er einen wunderbaren Kulturort. Meine Freundin, die Autorin und Schreibpädagogin Edita Truninger, las dort dort zusammen mit der schweizer TV-Moderatorin Monika Schärer; Anlass war die Vernissage des 4. Heftes der Literaturzeitschrift Täxtzit. Nachdem ich mich ins Schwizerdütsch eingehört hatte, konnte ich der Moderation sogar weitgehend folgen :-)
Und die vorgelesenen Texte sind ohnehin in Hochdeutsch abgefasst, doch sie haben alle einen Bezug zur Schweiz. Wie auch Wie Katze und Mamba, der Vorabdruck aus Ediths Roman Hibiskus Corner, der im zweiten Halbjahr 2014 erscheint. Ich freu mich drauf!
Am 12. Dezember war es so weit: Bei Glühwein, Kinderpunsch und Plätzchen lasen die Teilnehmenden zweier Volkshochschulkurse im Künstlerhaus vor etwa 20 Gästen aus ihren Texten. Gemeinsam mit Rolf Stemmle, bekannter Regensburger Autor und ebenfalls Leiter einer Schreibwerkstatt an der VHS, verwandelte ich die Werkstatt im Erdgeschoss des Hauses in einen Auftrittsort. Zum ersten Mal war ich Gastgeberin für eine kleine Veranstaltung hier und staunte, welche Atmosphäre sich mit wenigen Handgriffen erzeugen ließ! Für das "Catering" sorgten auch die Besucher - danke dafür. Und natürlich für die Lesenden, die sich mutig und souverän dem Publikum präsentierten. Francisco Castiñeira, der bereits einen Kurzgeschichtenband in seiner Muttersprache Galizisch veröffentlicht hat, debütierte sogar in deutscher Sprache. Mir hat der Abend sehr viel Spaß gemacht, nicht nur die Gedichte und Geschichten, sondern auch die Gespräche am Rande. Danke an alle!