Mein neues Kleid

Ich trage eine leichte, wärmende Hülle auf der Haut, atmungsaktiv und mit viel Bewegungsfreiheit. Trotzdem sieht man meine Konturen, meine Größe, meine Bewegungen, weit und kraftvoll. Mein Kleid ist aus Erde gemacht, aus Blättern und Heu. Mein Kleid ist aus allem, was ich brauche. Es hat viele Taschen, meine Träume und Wörter wohnen darin. Sobald ich hineingreife, entfalten sich Bilder, Sätze, ein Textgewebe. Eine Textur. In mir ist ein Wald, ich wachse und strecke und schlinge und wurzle. Der Boden unter meinen nackten Füßen ist feucht, aber nicht nass. Der Wind streift durch meine Gedanken, ich lasse alles hinter mir, ich gehe weiter, immer weiter, trete hinaus auf den Weg, der durch die Felder führt. Die Sonne wärmt mir das Gesicht, mein Haar ist wild und weich und ich trage ein Vogelnest auf dem Kopf. 

 

Der Text entstand Anfang 2021 durch einen Schreibimpuls von Helen Perkunder. Danke, Helen :-)