Wanderungen, kleine Fluchten und große Fahrten - Aufzeichnungen von unterwegs.
Duden Verlag 2012
Vergangener Juli: Ich bin in Weimar, einer Stadt voller Musik und Poesie. Die Sonne scheint und das Caféhaus lockt; nebenan komponiert ein Mann mit langem schwarzem Haar, stumm und mit beiden Händen. Vor mir liegt eine Ansichtskarte. Sie zeigt das Sandmännchen neben einem Auto, das mutmaßlich einen Trabant darstellt. Daneben Schreiben auf Reisen, ein weiteres wunderbares Bändchen aus der Reihe "Kreatives Schreiben" des Duden Verlags. Genau wie Schreiben dicht am Leben gibt es viele praktische Tipps und kleine Schreibanregungen für unterwegs. Kapitel 10: Die Ansichtskarte: Erzählen Sie eine Geschichte, heißt es da. Nichts leichter als das! Das Sandmännchen, so sinniere ich, überlegt wohl, wie es mit seinem großen Kopf in das zu kleine Auto hinein passen soll - oder es fragt sich, ob es aus dieser von Baustellen umzingelten Stadt je wieder herausfindet. Hoffentlich geht es uns morgen besser, schreibe ich. Tage später bekomme ich eine besorgte SMS von der Empfängerin der Karte: "Geht's euch wieder gut? Was war denn los?"
Vielleicht habe ich doch übertrieben. Oder nicht deutlich genug herausgestellt, dass es die Geschichte des Sandmännchens ist und meine abschließende Bemerkung nur eine Parallele. Vielleicht hätte
ich sowieso besser über den Komponisten am Nachbartisch schreiben sollen. Oder den allgegenwärtigen Goethe. Jedenfalls beschließe ich, das Kapitel Schreiben für andere vorerst zurückzustellen -
zugunsten der Vorübungen oder von Schreiben für mich selbst, bevor ich mich womöglich größeren Textprojekten, Reiseromanen oder -tagebüchern gar, zuwende. Wenn ich nicht
zwischendurch wieder an einem der zahlreichen spannenden Buchtipps hängen bleibe und mich festlese wie in Tomas Espedals Gehen oder die Kunst, ein wildes und poetisches Leben zu führen.
Doch nicht zuletzt ist das Schreiben selbst ein Reiseverkehrsmittel, das immer funktioniert - sogar vom eigenen Arbeitszimmer aus. Von dort führte ich auch eine kleine Korrespondenz mit dem
Sandmännchen, das mir ein Bild von sich schickte - unter der Voraussetzung, dass ich auf seinen Shop hinweise. Mach ich doch gerne, liebes Sandmännchen. Und viel Spaß noch im Berliner Prater.