Abschied vom Trekkingrucksack

Vor bald einem Jahr ging mein gut 20 Jahre alter Trekkingrucksack mit mir auf die letzte große Fahrt: drei Wochen Britrail Ticket in Südengland und Wales. Seit er zerbröselt ist, habe ich mich davor gedrückt, ihn zu ersetzen. Doch am 1. Mai breche ich für vier Wochen nach Südungarn auf: zum Internationalen Stipendium Oberpfälzer Künstlerhaus im Pécs Writers Program. Es musste also ein neuer Großraum-Rucksack her. Oder ein Rollenkoffer. Oder eine Reisetasche. Am liebsten alles zusammen - diese Modelle gibt es zwar, doch sie sind rar und teuer, außerdem ist die Multifunktionalität ein fauler Kompromiss - für eine mehrtägige Hüttentour taugen sie trotz Tragesystem nicht. Es dauerte eine Weile, bis ich mir eingestand: Ich brauche keinen 90-Liter-Rucksack mehr. Nie wieder. Für die paar Meter am Bahnhof oder vom Zug zum Taxi ist ein Trolley praktischer, und man fegt damit auch keine Mitreisenden vom Perron. Also strich ich die Rucksackfunktion von der Anforderungsliste. Doch die Rollenkoffer wirkten spießig, die meisten Reisetaschen zu stylish, zu sportlich oder zu schrill. Schließlich fand ich doch noch eine schöne Tasche auf Rädern: Geradlinig, schwarz und blau. So genanntes "Weichgepäck". Bin ich ein Weichei geworden? Ach was. Der Abschied vom Trekkingrucksack birgt nur so viele andere Abschiede: Abschied von dem wilden Leben, in dem ich nach einer Nacht auf der Isomatte noch ohne die Hilfe einer Physiotherapeutin aufstehen konnte. Und zwar gut erholt. Abschied von den Zeiten, als ich noch am Stück 1.000 Höhenmeter zu Fuß überwinden konnte und anschließend aus Versehen einen Umweg von zwei Stunden ging. Abschied vom Leben mit leichtem, schwerem Gepäck. Aber es muss ja kein vollständiger Abschied sein: Ich habe ja noch den 40-Liter-Rucksack für die kleineren Touren; mehr kann mein Rücken ohnehin nicht tragen. Und der Taschentrolley hat zwei sehr stabile, große Henkel, die man zur Not als Rucksackriemen nutzen kann ...